Um Anspruch auf Wohngeld zu haben, müssen Antragsteller ein Mindesteinkommen nachweisen. Damit hebt sich das Wohngeld von anderen Sozialleistungen ab, denn es wird ausschließlich als Zuschuss zu den Wohnkosten gezahlt und soll ausdrücklich nicht als Hilfe zum Lebensunterhalt dienen. Die Lebenshaltungskosten müssen Anspruchsberechtigte daher aus eigenem Einkommen bestreiten.
Nur wer über ausreichendes Mindesteinkommen verfügt, um die Lebenshaltungskosten für sich und alle (potenziell wohngeldberechtigten) Familienmitglieder im Haushalt sicherzustellen, kann auch Wohngeld beantragen. Dabei sind die Regelungen zum Mindesteinkommen nicht so trivial wie sie klingen, weshalb auch viele Wohngeldanträge bereits an dieser Hürde scheitern. In diesem Artikel erläutern wir ausführlich die Regelungen zum Mindesteinkommen beim Wohngeld sowie die Vorgehensweise bei der Plausibilitätsprüfung durch das Wohngeldamt.
Inhaltsverzeichnis
Fiktives Einkommen zur Vorberechnung
Das fiktive Einkommen ist eine Art Vorberechnung des Mindesteinkommens. Dabei wird ermittelt, über welches Einkommen ein Haushalt verfügen muss, um die Mindestanforderungen für die Wohngeldberechtigung zu erfüllen. Ausschlaggebend ist das Jahreseinkommen im kommenden Wohngeld-Bewilligungszeitraum, geteilt durch 12 Monate. Für die Prognose beim Wohngeldantrag kann aber auch zunächst das bisherige Einkommen herangezogen werden.
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Wie wird das Mindesteinkommen berechnet?
Regelbedarf nach § 28 SGB XII
+ evtl. Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII
+ Warmmiete
+ evtl. Krankenversicherung
= zu erreichendes Mindesteinkommen
Nur wenn dieses Einkommen aus Einnahmen erreicht wird, gibt es keine Probleme beim Wohngeldantrag. Sollten die Einnahmen des Haushalts diesen Betrag jedoch unterschreiten, wird vom Wohngeldamt eine sog. Plausibilitätsprüfung vorgenommen, bei der die Glaubhaftigkeit sowie Vollständigkeit der Angaben zur Mindesteinkommen Berechnung überprüft werden. Diese Regelung ergibt sich aus der Verwaltungsvorschrift 15.01 zu § 15 WoGG.
Regelbedarf nach § 28 SGB XII
Der Regelbedarf entspricht in der Höhe dem Bürgergeld Regelbedarf nach SGB II, der je nach Regelbedarfsstufe als notwendiger Lebensbedarf an Bedürftige ausgezahlt wird. Seit dem 01.01.2024 gelten folgende Regelbedarfe:
Regelbedarfsstufe 1 | Volljährige ohne Partner, Alleinerziehende | 563 € |
Regelbedarfsstufe 2 | Volljährige in Bedarfsgemeinschaft mit Partner | 506 € |
Regelbedarfsstufe 3 | Kinder unter 25 Jahren im Haushalt / Volljährige in stationären Einrichtungen | 451 € |
Regelbedarfsstufe 4 | Jugendliche von 15 bis 17 Jahren | 471 € |
Regelbedarfsstufe 5 | Kinder von 7 bis 14 Jahren | 390 € |
Regelbedarfsstufe 6 | Kinder bis 6 Jahren | 357 € |
Beispiel: Vater, Mutter, Kinder 6 und 9 Jahre: 506 € + 506 € + 357 € + 390 € = 1.759 € Regelbedarf zum Lebensunterhalt
Reduzierung des Regelbedarfs um 20 Prozent
HINWEIS: Sollte das Mindesteinkommen nicht erreicht werden, um einen Wohngeldanspruch zu haben, kann die Wohngeldstelle den notwendigen Regelbedarf (ausschließlich den Regelbedarf nach § 28 SGB XII!) bei der Berechnung um 20 Prozent reduzieren, sodass nur 80 Prozent des Regelsatzes erreicht werden müssen. Hierbei handelt es sich allerdings um eine Ermessensentscheidung, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Vielmehr muss der Wohngeldstelle eine Art Haushaltsbuch zur Plausibilitätsprüfung vorgelegt werden, aus der sich eine Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben ergeben. Nur wenn die Ausgaben plausibel sind, würde das Wohngeldamt eine Kürzung des notwendigen Regelbedarfs um 20 Prozent vornehmen. Im obigen Beispiel könnte also auch ein Regelbedarf in Höhe von 1.407 € anstatt 1.759 € ausreichen.
Mehrbedarf
Mehrbedarfe werden bei Sozialleistungsbezug für Menschen in besonderen Situationen zusätzlich zum Regelbedarf erbracht. Dazu gehören beispielsweise alleinerziehende Elternteile und Schwangere. Auch bei Krankheit (spezielle Kost) oder Behinderung sind Mehrbedarfe vorgesehen. (§ 30 SGB XII)
Mehrbedarf für Alleinerziehende
Für Alleinerziehende ist ein gestaffelter Mehrbedarf vorgesehen. Ausgehend vom Regelbedarf ab 01.01.2024 in Höhe von 563 €:
Alter der Kinder | Mehrbedarf in % | Betrag |
---|---|---|
1 Kind bis 7 Jahre | 36 % | 202,68 € |
1 Kind über 7 Jahre | 12 % | 67,56 € |
2 Kinder unter 16 Jahren | 36 % | 202,68 € |
2 Kinder über 16 Jahren | 24 % | 135,12 € |
1 Kind über 7 und 1 Kind über 16 Jahren | 24 % | 135,12 € |
3 Kinder | 36 % | 202,68 € |
4 Kinder | 48 % | 270,24 € |
5 Kinder und mehr (Höchstbetrag) | 60 % | 337,80 € |
Mehrbedarf für Schwangere ab der 13. SSW
Schwangeren steht nach der 12. SSW ein monatlicher Mehrbedarf in Höhe von 17% des maßgeblichen Regelbedarfs zu.
Regelbedarf Stufe | Maßgeblicher Regelbedarf | Mehrbedarf |
---|---|---|
1 | 563 € | 95,71 € |
2 | 506 € | 86,02 € |
3 | 451 € | 76,67 € |
4 | 471 € | 80,07 € |
Mehrbedarf für krankheitsbedingte Kost
Für bestimmte Krankheiten sieht der Gesetzgeber für Bedürftige im Sozialleistungsbezug einen Mehrbedarf für krankheitsbedingte Ernährung vor. Bei der Bemessung des Bedarfs wird auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Vorsorge e.V. zurückgegriffen, welche je nach Krankheit einen Mehrbedarf (ausgehend vom Regelbedarf nach Regelbedarfsstufe 1) zwischen 5 und 30 Prozent vorsehen. In der nachfolgenden Tabelle gehen wir vom Regelbedarf i. H. v. 563 € aus, der seit dem 01.01.2024 gilt:
Art der Erkrankung | % des RB | Mehrbedarf |
---|---|---|
Terminale Niereninsuffizienz mit Dialysetherapie | 5% | 28,15 € |
Zöliakie/ Sprue (Durchfallerkrankung) | 20% | 112,60 € |
Mukoviszidose | 30% | 168,90 € |
Laktoseintoleranz | 13 € – 31 € | |
„Schluckstörungen“ | i. H. der tatsächlichen Aufwendungen |
Bei folgenden Krankheiten ist ein Mehrbedarf nur vorgesehen, wenn diese Krankheiten einen schweren Verlauf nehmen. In diesen Fällen beträgt der Mehrbedarf 10 Prozent der Regelleistung, was monatlich 56,30 € ergibt anhand des geltenden Regelbedarfs in Höhe von 563 €:
- Krebs (bösartiger Tumor)
- HIV-Infektion/ Aids
- Multiple Sklerose
- Colitis ulcerosa
- Morbus Crohn
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD)
Diese Liste ist nicht abschließend, da auch andere verzehrende Krankheiten einen Mehrbedarf begründen können.
Ausführliche Informationen zum Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung können auf der Seite von buergergeld.org nachgelesen werden.
Mehrbedarf bei Schwerbehinderung
Der Mehrbedarf bei Schwerbehinderung ist nur in zwei Fällen möglich.
- Bei voll erwerbsgeminderten Menschen mit Merkzeichen „G“ im Schwerbehindertenausweis beträgt dieser 17 Prozent des maßgeblichen Regelsatzes, bei 563 € monatlich 95,71 €.
- Erwerbsfähigen Schwerbehinderten in einer Eingliederungshilfe steht ein monatlicher Mehrbedarf in Höhe von 35 Prozent und somit 197,05 € zu beim aktuellen Regelsatz von 563 €.
Dazu passend: Wohngeld-Freibetrag bei Schwerbehinderung
Warmmiete (Wohnkosten)
Zur eigentlichen Wohngeldberechnung gibt es bei der Ermittlung des Mindesteinkommens eine Abweichung. Beim Wohngeld selbst werden lediglich die Kaltmiete zuzüglich kalte Betriebskosten (alle Nebenkosten ohne Heiz- und Warmwasserkosten) übernommen.
Bei der Ermittlung des Mindesteinkommens für das Wohngeld muss aber der potenzielle Wohngeldhaushalt genügend Einkommen nachweisen, um neben der Bruttokaltmiete auch die warmen Betriebskosten (sog. komplette Warmmiete) abzudecken.
Strom ist grundsätzlich nicht bei den Wohnkosten zu berücksichtigen, da bereits Anteile für Haushaltsenergie im Regelbedarf vorgesehen ist.
Krankenversicherung
Grundsätzlich hat die Krankenversicherung bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten keine Auswirkungen bei der Berechnung des Wohngeldes, da die Beiträge zur Hälfte von Arbeitnehmern und zur anderen Hälfte von Arbeitgebern gezahlt werden. Bei Bezug von Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Rente etc. werden die Beiträge durch den Leistungsträger gezahlt, so dass auch hier keine Berücksichtigung bei der Berechnung des Mindesteinkommens stattfindet.
Haushaltsmitglieder mit freiwilliger Versicherung
Beiträge zur Krankenversicherung werden nur zum Mindesteinkommen hinzugerechnet, sofern eine eigene Versicherung – privat oder freiwillig gesetzlich besteht. Im Regelfall ist bei
- Selbständigen
- Studenten ohne Familienversicherung
- Minijobbern (ausschließlich, ohne Hauptbeschäftigung und Familienversicherung)
davon auszugehen.
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